Renovierungstreppen planen: tragwerk, tritttiefe und sicherheitsnormen für eine alltagsfreundliche treppe

Renovierungstreppen planen: tragwerk, tritttiefe und sicherheitsnormen für eine alltagsfreundliche treppe

Kategorie: Bautechnik — Bâtiment - Travaux

Bei jeder Renovation, wo eine Treppe im Spiel ist, merke ich schnell: Die Treppe entscheidet massgeblich darüber, ob der Alltag komfortabel und sicher bleibt. In diesem Beitrag teile ich meine Praxis­erfahrungen zum Tragwerk, zur Tritttiefe und zu relevanten Sicherheitsnormen, damit deine neue oder überarbeitete Treppe alltagsfreundlich wird. Ich spreche direkt aus Baustellenpraxis, mit Hinweisen zur Planung, Materialwahl und typischen Fehlern, die ich immer wieder sehe.

Tragwerk: Was die Treppe stabil macht

Das Tragwerk bestimmt, wie lange und wie sicher eine Treppe funktioniert. Bei Renovationen unterscheide ich grundsätzlich drei Varianten:

  • aussteifende Betontreppe (vor Ort gegossen oder vorfabriziert),
  • Holztreppe mit tragenden Setzstufen oder seitlichen Blech- / Holm­schenkeln,
  • Stahltreppe mit Stahlwangen und Holz­stufen oder Vollstahlstufen.
  • Wichtig ist immer die Lastannahme: Wohngebäudetreppen müssen sowohl die Eigenlast als auch Nutzlasten aufnehmen (Menschen, Möbel, gegebenenfalls Kisten). In der Praxis rechne ich mit einer Nutzlast von mind. 2–3 kN/m² für private Treppen; das ist ein gängiger Richtwert, doch für öffentliche oder gewerbliche Bereiche gelten höhere Anforderungen. Bei Unklarheiten beziehe ich eine Statikprüfung ein — besonders wenn Wände weggelassen werden sollen oder die Treppe als Sichtbau dienen soll.

    Bei Renovationen prüfe ich zuerst die Auflagerpunkte: Sind Deckenränder, Unterzüge oder Mauern ausreichend tragfähig, oder brauche ich eine zusätzliche Stahlwange oder eine Unterkonstruktion? Eine häufige Lösung ist eine Kombination aus stahlbewehrten Betonauflager und einer sichtbaren Holzoberfläche: robust, langlebig und optisch warm.

    Tritttiefe und Steigung: Komfort nach Blondel

    Die wohl praktischste Regel, an die ich mich halte, ist die Blondel-Formel: 2×Steigungshöhe (Riser) + Tritttiefe (Going) ≈ 60–64 cm. Das ist kein Gesetz, sondern ein bewährter Ergonomie-Richtwert, der für flüssiges Gehen sorgt. Typische Werte, die ich in der Praxis empfehle:

    ParameterEmpfohlener BereichKommentar
    Steigungshöhe (Riser)16–18 cmKomfortabel für Wohnbereiche; unter 16 cm wirkt die Treppe zu flach, über 19 cm ermüdet sie beim Aufstieg.
    Tritttiefe (Going)25–30 cmGenügend Platz für den ganzen Vorfuss; bei schmalen Trittsicken lieber tiefer planen.
    Nasenüberstand (Nosing)10–12 mmVerbessert den Komfort und schützt die Kante; aber nicht zu gross, um Stolperfallen zu vermeiden.
    Kopfhöhemind. 200–210 cmAusreichende lichte Höhe verhindert Kopfstösse — in alten Häusern oft kritisch.

    Bei engen Treppenhäusern, Wendeltreppen oder Spindeltreppen weiche ich bewusst Richtung flacherer Steigung und grösserer Tritttiefe aus — oder setze Landungen ein, damit das Gehen natürlicher bleibt. Bei Kindern, älteren Personen oder gehbehinderten Angehörigen empfehle ich möglichst geringe Steigungen und durchgehende Handläufe.

    Sicherheitsnormen und Vorschriften (Praxisorientiert)

    In der Schweiz gilt es, die relevanten SIA-Normen und kantonalen Baubestimmungen zu beachten. Ich nenne keine Paragraphen im Wortlaut, sondern die Praxispunkte, die sich aus Normen ableiten:

  • Handlaufhöhe: Üblich sind 90–100 cm über der Trittfläche; bei öffentlichen Gebäuden sind oft zwei Höhen (für Kinder und Erwachsene) erforderlich.
  • Durchtrittsbreite: Für Wohnhäuser genügt oft eine Mindestbreite von 80–90 cm, für Transportzwecke (Möbel) plane ich eher 100–110 cm.
  • Rutschhemmung: Treppenstufen brauchen eine rutschsichere Oberfläche — entweder profilierte Holzkanten, Anti-Rutsch-Beläge oder angespritzte Beläge bei Betonstufen.
  • Beleuchtung: Jede Stufe muss eindeutig erkennbar sein; Rand- oder Stufenbeleuchtung reduziert Unfälle deutlich.
  • Mein Tipp: Vor der Umsetzung die zuständige Baukontrolle oder einen lokalen Architekten konsultieren. Gerade bei Denkmalschutz, Quartierrestriktionen oder umbauten Brandabschnitten kann es zu strengeren Auflagen kommen.

    Gestaltung und Materialwahl — Praxisnahe Kombinationen

    Materialien beeinflussen Tragwerk und Alltagstauglichkeit massiv. Hier einige typische Kombinationen, die ich in Projekten oft einsetze:

  • Betontragwerk + Holzbelag: Robust, gute Schalldämmung; Holz macht warm und wohnlich.
  • Stahlwange + Holzstufen: Leicht in der Ausführung, elegant und einfach zu montieren; bei Aussparungen auf Brandschutz und Stabilität achten.
  • Vollholztreppe: Optisch sehr gut, aber bei Breiten über 1 m oder schwerer Beanspruchung statisch prüfen.
  • Markenhinweis aus Erfahrung: Für Beschläge und Befestigungen arbeite ich oft mit Produkten von Würth — gute Qualität und Verfügbarkeit. Für thermische Entkoppelungen an Balkonkanten oder Treppenauflager empfehle ich Komponenten von Schöck.

    Barrierefreiheit, Kindersicherheit und Detailtipps

    Wenn Personen mit eingeschränkter Mobilität mitplanen, berücksichtige ich:

  • geringere Steigung, grössere Tritttiefe, durchgehende Handläufe auf beiden Seiten;
  • evtl. Sitzpodeste, Plattformlifte oder Platz für einen externen Treppenlift;
  • kontrastreiche Kantenbehandlung für sehbehinderte Personen.
  • Für Kinder sichere ich Treppen mit: zusätzlichem Handlauf in niedriger Höhe, geschlossenen Setzstufen (keine offenen Stufen, in denen Kinderbeine stecken bleiben können) und einem maximalen Spalt zwischen Geländerstäben von 10–12 cm.

    Fehler, die ich bei Renovationen häufig sehe

  • zu steile Treppen, weil Platz gespart wurde — das reduziert Komfort und Sicherheit;
  • unzureichende Auflager oder unsachgemässe Befestigung der Wangen — führt zu Knarren und langfristiger Instabilität;
  • fehlende Schalldämmung zwischen Treppenstufen und Geschossdecke — unangenehm laut;
  • zu starke Kontraste oder glatte Oberflächen ohne Anti-Rutsch — Unfallrisiko bei Nässe.
  • Bei jeder Planung mache ich eine kleine Checkliste, die ich dir hier weitergebe:

  • Raum- & Platzanalyse: Lichte Höhe, Breite, mögliche Landungen;
  • Benutzerprofil: Kinder, ältere Menschen, Transportbedarf;
  • Material- & Budgetwahl: Dauerhaftigkeit vs. Optik;
  • Sicherheitsdetails: Handlauf, Beleuchtung, Rutschhemmung;
  • Statik-Check: vor Abbruch von tragendem Mauerwerk oder bei ungewöhnlichen Lasten;
  • Behördliche Abklärungen: SIA/ kantonale Regeln, Denkmalpflege, Baugesuch.
  • Praxisbeispiel: Renovation einer Altbau-Treppe

    Neulich habe ich eine Altbau-Treppe aus den 50er-Jahren renoviert: zu steil, offene Setzstufen, starke Hörbarkeit. Vorgehen:

  • Statik prüfen — Auflager verstärkt;
  • Setzstufen geschlossen und Tritttiefe um 3 cm vergrössert;
  • Holzschichten auf Betonträgern mit Trittschalldämmung eingefügt;
  • neue Handläufe auf 95 cm Höhe montiert, LED-Stufenbeleuchtung installiert;
  • oberste Schicht: widerstandsfähiges Eichenholz geölt.
  • Das Ergebnis: leiser, sicherer und optisch aufgewertet — und die Bewohner konnten Möbel weiterhin bequem transportieren.

    Wenn du magst, schicke mir gerne Fotos deiner Situation (Treppenhaus, Grundriss, Maße). Ich prüfe sie und gebe konkrete Hinweise zur Tragwerksidee, zur passenden Tritttiefe und zu den relevanten Normpunkten, die du unbedingt berücksichtigen solltest.


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